Nach den Aufzeichnungen des Lehrers Emil Dolenga für den Zeitraum 1946 -1956 soll nun die Geschichte der Brinckmansdorfer Schule mit einem Beitrag der ihm nachfolgenden Schuldirektorin Frau Wehr fortgesetzt werden. Frau Wehr hat diese Aufzeichnungen, die dem Stil sowie den Problemen der damaligen Zeit entsprechen (hier gekürzt) wahrscheinlich für ein Schultagebuch verfasst.
Jürgen Voß
Die Schuljahre 1956 bis 1960
nach Aufzeichnungen von Frau Wehr
Schuljahr 1956/57
Zu Beginn des Schuljahres arbeiteten an unserer Schule sechs Kollegen. Drei Kollegen waren neu.
Vor uns stand die Durchsetzung der polytechnischen Erziehung. Die Materialbeschaffung für den Werkunterricht machte uns zuerst Schwierigkeiten, wurde dann aber auch durch die Unterstützung unseres Patenbetriebes gelöst. Von ihm bekamen wir auch den Lehrling Rosi M. als Pionierleiter zur Verfügung gestellt. Abwechselnd wurde sie von allen Kollegen unterstützt. Die Kinder kamen nur dann zu den Pionierveranstaltungen, wenn sie interessant gestaltet wurden, und da fehlte der Kollegin doch noch einiges. Leider ist noch immer kein Raum für außerschulische Arbeit vorhanden, da die Nationale Front sich weigert, uns den am Tage leer stehenden Versammlungsraum zur Verfügung zu stellen. Die frühere Küche mussten wir als Werkraum einrichten. Ein Ofen wurde gesetzt. Der frühere Pionierraum wurde auch Klassenraum, denn unsere Schülerzahl stieg wesentlich, seit wir alle Schüler unseres Bezirkes, die in anderen Schulen unterrichtet wurden, zurückholten. Daher auch das größere Kollegium. Die Kollegin F. ging in Schwangerschaftsurlaub. Der Hausmeister bekam Anleitung über seinen Aufgabenkreis, da er sich gern überall einmischte, seine Arbeit aber vernachlässigte.
Großen Einfluss auf unsere Schularbeit nahm die Vorbereitung der Wahlen. Alle Lehrkräfte beteiligten sich aktiv. Wandzeitungen wiesen darauf hin. Elternabende standen in deren Dienst. Das Schaufenster des Konsums wurde von uns daraufhin ausgestaltet. Die Zusammenarbeit mit den Eltern und vor allen Dingen mit dem Elternbeirat war ausgezeichnet. Mit dem Patenbetrieb könnte sie besser sein.
Neben der Einrichtung des Werkraumes mussten auch die anderen Räume, vor allem das Schulleiterzimmer, instandgesetzt und eingerichtet werden. Alles war sehr vernachlässigt.
Der Kollege Dolenga schied aus dem Schuldienst aus.
Schuljahr 1957/58
…Wohl stand auch in diesem Jahr der polytechnische Unterricht im Vordergrund. Damit war aber nicht nur der Werkunterricht gemeint, sondern die Schüler sollten körperliche Arbeit kennen und werten lernen. Daher die enge Verbindung mit Betrieben. Wir schafften Sportgeräte an, um auch den Sportunterricht zu verbessern. Überhaupt wurden alle Kollegen in diesem Jahr aufgerufen, neue Wege in der Unterrichtsmethodik zu suchen. An unserer Schule wurde der Fachzirkel Unterstufe gebildet. Die Leitung übernahm ich selbst. Wir beschlossen, bei den Kollegen zu hospitieren und die Stunden gemeinsam auszuwerten.
Höhepunkt in der Schularbeit waren die Feiern zur Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, ebenso die Elternbeiratswahlen. Die Arbeit des Elternbeirates verbesserte sich in diesem Jahr. Lag die Arbeit vorher meistens bei der Vorsitzenden allein, so wurden die Aufgaben nun verteilt.
Unsere Schüler mussten wir in diesem Jahr für den Hafenbau begeistern. Das gelang durch Wettbewerbe. Wir bauten Häfen und ließen jedes Kind ein Schiff bauen, das bei einer Spende von 3,- DM in den Rostocker Hafen einfahren durfte. Der Erlös wurde für den Hafenbau zur Verfügung gestellt.
Die Pionierleitung der Altstädtischen Schule I war auch für uns verantwortlich. Leider war die Arbeit mangelhaft. Wir mussten immer wieder selbst diese Aufgabe lösen. Sie stellt ja einen wichtigen Bestandteil des Aufbaus unserer sozialistischen Schule dar, der in diesem Jahr, nachdem der Aufbau der demokratischen Schule abgeschlossen war, begonnen wurde.
Unser besonderes Augenmerk galt den versetzungsgefährdeten Schülern. Durch geeignete Fördermaßnahmen konnten wir die Zahl der Sitzenbleiber in der Unterstufe verringern. Im 5. Schuljahr sah es dadurch schlimm aus, dass die Altstädtische Schule I uns 8 überalterte Schüler zurückgesandt hatte. Vier waren bereits 14 Jahre alt und gingen ab…
Schuljahr 1958/59
Sechs Lehrer-Kolleginnen arbeiten an unserer Schule.
Das Schuljahr 1958/59 stand unter dem Zeichen des V. Parteitages, was auch im Jahresarbeitsplan seinen Niederschlag fand. In den Pädagogischen Räten waren die Beschlüsse Grundlage der Diskussionen. Die Weiterbildung der Lehrkräfte in den Betrieben wurde angestrebt.
Wir nahmen Verbindung auf zu verschiedenen Betrieben, besichtigten sie und hörten Vorträge. Die Kollegin B. und auch der Kollege V., der im Laufe des Jahres an unsere Schule versetzt wurde, nahmen am Grundlehrgang "Metall" der Herderschule teil.
Die Möglichkeiten gesellschaftlich nützlicher Arbeit für unsere Schüler wurde voll genutzt. Heilkräuter, Bucheckern, Kastanien und Eicheln wurden gesammelt, der Erlös zum Teil für den Bau des FDGB-Schiffes zur Verfügung gestellt. Betriebsbesichtigungen standen für die Schüler auf dem Plan. Hier unterstützte uns unser Patenbetrieb: Kunsthonig und Hefefabrik Rostock. Leider wurde zum Ende unseres Schuljahres dieser Betrieb aufgelöst. Ein neuer Patenbetrieb muss gefunden werden.
Unser Schulgarten tat uns gute Dienste im Sinne der polytechnischen Erziehung. Schon in den ersten Schulwochen tauchte für uns ein sehr schwieriges Problem auf. 25 Kinder mussten beaufsichtigt werden, weil beide Elternteile arbeiteten. Uns fehlte aber ein Raum. Jedoch stand der Raum der Nationalen Front tagsüber leer. Schon lange liefen unsere Bemühungen, diesen Raum tagsüber als Hortraum einzurichten. Im Dezember endlich gelang es uns. Wir konnten die Kinder beaufsichtigen...
Leider erkrankte die Kollegin P. bald nach Beginn des Schuljahres und für die Klasse 3 setzte ein dauernder Lehrerwechsel ein. Zuerst kam die Kollegin K. vertretungsweise von der Karl-Liebknechtschule und dann wurde der Kollege Karl-Heinz V. aus Tessin zu uns versetzt. Vom Rat der Stadt kam die Kollegin Renate S. zu uns. Leider ging ich auch noch in den Schwangerschaftsurlaub und die stellvertretende Schulleiterin Kollegin M. konnte aus gesundheitlichen Gründen die Schulleitung nicht übernehmen. So hatten wir in diesem Schuljahr einen dauernden Lehrerwechsel in den Klassen zu verzeichnen, der sich bestimmt nicht fördernd auf unsere Schüler auswirkte. Die Kollegin L. übernahm die Leitung der Schule und arbeitete sich recht schnell ein. Sie besuchte mich häufig zu Hause, und so konnten wir gemeinsam die Aufgaben lösen.
Ein Höhepunkt in unserer Schularbeit waren die Elternbeiratswahlen im Schweizerhaus. Wir hatten eine sehr gute Kulturgruppe, die mit Chören, Volkstänzen und Orchesterstücken den Abend verschönten. Das Referat von Frau F. kam gut an und wurde rege diskutiert. Unsere kleine Ausstellung fand großen Anklang. Es fehlten nur ganz wenige Eltern, und diese hatten sich größtenteils entschuldigt.
Im Rahmen der Pionierarbeit lernten die Schüler den Fahnenappell kennen. Zum Tag der Volksarmee kamen Angehörige der NVA und überbrachten Grüße. Thälmanns Geburtstag wurde gefeiert.
Pioniergruppennachmittage wurden von den Kollegen interessant gestaltet.
Am 1. Mai marschierte unsere 5. Klasse mit den Sportgemeinschaften, die anderen Klassen bildeten Spalier.
Wanderungen durch die Rostocker Heide wurden durchgeführt. Die Schüler machten eine Busfahrt durch die "Mecklenburgische Schweiz".
Der Kindertag brachte ein schönes Kinderfest und für die besten Schüler Auszeichnungen. Aber auch gesellschaftlich nützliche Arbeit kam nicht zu kurz. Aktiv setzten sich die Schüler zur Ostseewoche ein.
Da wir eine Woche früher schließen mussten als die anderen Schulen in der DDR, konnten unsere Schüler Aufräumungsarbeit in der Schule und im Ort durchführen. Auch die Einrichtung unserer Schule zum 6. Parlament der FDJ wurde von den Schülern kräftig unterstützt.
Elternbeirat und Schüler gaben sich große Mühe, den Tag des Lehrers schön zu gestalten. Alle Kollegen waren angenehm überrascht.
Am Schluss des Jahres machte das Kollegium mit dem Elternbeirat eine schöne Ausflugsfahrt auf das Fischland.
Schuljahr 1959/60
…Am 26.08.1959 fand der 1. Päd. Rat statt, an dem alle Kollegen teilnahmen. Es wurde der Jahresarbeitsplan besprochen. Schwerpunkte waren: Die polytechnische Erziehung, die Verbesserung der Pionierarbeit, das Sitzenbleiberproblem, ein neuer Patenbetrieb, der neue Elternbeirat und die Weiterbildung der einzelnen Kollegen.
Am 1. September begann der Unterricht mit einer Feierstunde zum Weltfriedenstag. Die 2. Klassen bereiteten gemeinsam mit dem Kindergarten die Aufnahmefeier für die Schulanfänger vor. Am Abend des 2. September fand ein Lampion-Umzug statt. Es war ein Höhepunkt zu Beginn des Schullebens unserer Jüngsten…
Eine fröhliche Feier fand am folgenden Tag statt. An der Kaffeetafel erzählte der Kasper, dass er im Walde lauter Schultüten gesehen habe. Er brachte selbst eine mit und forderte die Kleinen auf, sich auch eine zu holen. Eine Tüte war wie die andere und alle Kinder freuten sich über das lustige Spiel. Anschließend lernten sie die Schule kennen…
Der 10. Jahrestag der DDR wurde vorbereitet. Ein großes Kinderfest, an dem viele Gäste teilnahmen, fand an diesem Tage statt.
Grundlage für unsere Pionier- und Schularbeit wurde das Stufenprogramm der Jungen Pioniere. Es wurde bei dem Stoffverteilungsplan, also im Unterricht und bei der Gruppenarbeit berücksichtigt. Unser Augenmerk richtete sich besonders auf die Hortarbeit, da sie ja im Vorjahre sehr schlecht gewesen war. Die Kollegin K. gab sich sehr große Mühe. Da sie schon früher Krippenleiterin war, brachte sie einige Erfahrungen mit. Sie achtete besonders auf Ordnung und Sauberkeit, was sehr notwendig war. Die Kinder lernten, wie sie sich beim Essen zu benehmen hatten. Bei der Beaufsichtigung der Hausaufgaben und der Durchführung der Förderstunden wurden die Horterzieherinnen von den Kollegen der Schule unterstützt, die mit Pflichtstunden im Hort eingesetzt waren.
Im Dezember gab die Regierung das neue Schulgesetz heraus. Für uns gedeutete das, auch nachmittags zu unterrichten. Das Gesetz erforderte Aussprachen mit den Kollegen und Eltern. Im Schweizerhaus wurde eine Elternversammlung durchgeführt. Viele Unklarheiten bei den Eltern konnten beseitigt werden. Wir versuchten nun schrittweise dieses neue Schulgesetz zu verwirklichen.
Auch die Elternbeiratswahlen mussten gut vorbereitet werden. Wir versuchten, Arbeiter auf die Kandidatenliste zu setzen. Die Elternbeiratswahlen wurden im Schweizerhaus durchgeführt. 80 % der Eltern nahmen teil…
In den Winterferien nahm die Kollegin L. mit mir an dem Direktorenlehrgang in Graal Müritz teil. Zwei Kollegen nahmen an der Weiterbildung "Musik, Sport und Zeichnen" teil. Die anderen Kollegen unterstützten die Horterzieherinnen bei der Durchführung der Winterferienspiele. Alle Klassen führten das Pionierfaschingsfest durch...
Im Februar wurde auch eine Besprechung durchgeführt, damit die wichtigsten Lehrmittel bestellt werden konnten. Alle Kollegen konnten ihre Wünsche äußern, denn durch das Anschauungsmaterial sollten sie die Realität ihres Unterrichts verbessern.
Unsere Kollegen arbeiten, außer dem Kollegen V., sehr gewissenhaft. Schriftliche Vorbereitungen waren immer vorhanden. Psychologische Beobachtungsbogen wurden für alle Schüler angelegt. Regelmäßig wurden Förderstunden durchgeführt, so dass wir am Ende des Schuljahres keine Sitzenbleiber hatten.
Die Weiterbildung der Kollegen hatte ich auch in diesem Jahre selbst übernommen. Etwas leichter wurde es für mich, als ab Februar die Kollegin G. als Sekretärin eingestellt wurde und sich sehr schnell einarbeitete.
Einen neuen Patenbetrieb haben wir auch gefunden. Es ist das Betonwerk Kassebohm. In feierlicher Form wurde der Patenschaftsvertrag übergeben. Zwei sozialistische Brigaden schlossen Verträge mit der 4. bzw. 2. Klasse ab. Die Genossin S. fand im VEB Minmost gute Hilfe und konnte für ihre Klasse einen Patenschaftsvertrag abschließen.
Am 26.04.1960 fand unsere 1. Ökonomische Konferenz statt. Alle Organisationen waren unserer Einladung gefolgt. Viele gute Vorschläge wurden gemacht und später durchgeführt. Alle Beteiligten sprachen sich für die Wiederholung solcher Konferenz aus…
Am 1. Juni fand ein großes Kinderfest statt und auch der Lehrertag wurde festlich begangen.
Am 25.06.1960 wurden alle Zeugnisse zur Unterschrift vorgelegt. Der Ferienspielplan wurde festgelegt. Alle Kollegen stellten sich eine Woche für die Ferienspiele zur Verfügung.
Im Wettbewerb des NAW Rostock steht unsere Schule mit an der Spitze. Unsere Eltern, der Elternbeirat, vor allem die Kollegen leisteten viele Aufbaustunden. Wir hoffen, am 01.09.1960 einen neuen Klassenraum zu übergeben und auch einen neuen Hortraum fertig stellen zu können.
Die Schule verkaufte für 900,- DM Bausteine für das Schulneubauprogramm, für 70.- DM Mosaikplakate und sammelte für 300,- DM Flaschen und Gläser.
Damit taten alle ihr Möglichstes, das Schulneubauprogramm zu unterstützen.
Abschließend kann ich sagen, dass alle Kollegen ihre Pflicht taten...
Ich übergebe die Schule dem neuen Direktor A., der vorher an der Altstädtischen Schule II tätig war und wünsche ihm für die kommende Arbeit viel Erfolg.