Das Wohn- und Lust-Hauß Weiß Creutz 
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            aus Der Demokrat 15.12.1962
            Gut gepflegt schmeckt das "Deutsche Pilsner" bei Toni  Stange, die wir nun seit 42 Jahren als eine versierte Gastwirtsfrau im "Weißen  Kreuz" kennen. Draußen rollen Fahrzeuge von und zu den F-Straßen vorbei. In  kurzen Abständen hält der Linienbus vor der Tür. Nebenan in der KIB-Werkstatt  geben "kurierte" Motorräder wieder Lebenszeichen in ihrer Knattersprache von  sich. Nichts erinnert an Historie. Und doch befinden wir uns auf  stadtgeschichtlichem Boden.
              Hier konnten bereits vor 300 Jahren Reisende, die "nach  Toresschluss" unsere Stadtgrenze erreichten, Herberge finden und ihre Pferde  ausspannen. Von den ältesten Gasthöfen vor den Toren der Stadt zeugt heute nur  noch das damals vor dem Mühlentor-Zingel gelegene "Weiße Kreuz" am heutigen  Mühlendamm. "Zum letzten Heller" und "Altona" vor dem Steintor (hier in der  Bedeutung "al to na" – allzunah), "Flora" und "Zum Tannenbaum" vor dem  Kröpeliner Tor, "Karls Hof", "Rathings Hof" vor dem Petritor, die alle im 17.  Jahrhundert bestanden, - von ihnen blieb nichts übrig.
              In Rostocks Haupt- und Grundregister von 1669 lesen wir:  "Jacob Engelbrecht Hoff. das Weiß Creutz genandt, worauff am Wege ein Wohn- und  Lust-Hauß". Auf seinem roten Ziegeldach war ein großes weißes Kreuz zu sehen.  Kurze Zeit darauf ereignete sich dort ein Verbrechen. Der Rostocker Schuhknecht  und Sohn eines hiesigen "Wachtmeister-Lieutenants", Johann Beermann, erstach im  Streit den Wirt vom "Weißen Kreuz". Am 22.  August 1671 begleitete Pastor Poltzien den  Mörder von der Frohnerei bis zum Köppenberg hinaus, wo er enthauptet wurde.  Sein Leichnam wurde in einem Winkel des alten Sankt-Jürgen-Friedhofes  verscharrt.
              Zwei erhaltene Inschrifttafeln künden von Feuersnot. Links  lesen wir: "Anno 1750 in der Nacht des 14 auff 15 October ist dieses Haus durch  unvermuhtete Feuer Brunst zernichtet" und an der rechten Tafel: "Anno 1751 ist  dieses eingeaeschtes Haus durch Gottes und guter Freunde Beyhülffe wieder auffgerichtet".
              Im Jahre 1850 beherbergte dieses Gasthaus den verfolgten demokratischen  Dichter und Pfarrerssohn Gottfried Kinkel (1815-1882), der nach seiner  Beteiligung am Badisch-Pfälzischen Aufstand 1849 zum Tode und dann zu  lebenslänglicher Festungshaft verurteilt wurde. Der später bedeutendste  Deutsch-Amerikaner und Demokrat Karl Schurz befreite ihn aus dem Zuchthaus  Spandau und floh mit ihm an die Ostseeküste. Kinkel übernachtete im "Weißen  Kreuz", Schurz im Gasthof Wöhlert" in Warnemünde (dem heutigen Haus des  Sportes an der Rostocker Straße). Während Kinkel mit einem Schiff der Rostocker  Reederei Brockelmann nach England emigrierte, wanderte Schurz nach Nordamerika  aus.
            In den Maitagen 1945 brannte das alte, direkt an der Straße  gelegene historische Gasthaus durch Fahrlässigkeit bis auf die Grundmauern  nieder. Dennoch gehört der provisorisch errichtete Neubau an der Hoffront mit  seinen Erinnerungsfotos wieder zu den beliebten Ausflugslokalen Rostocks.