Diese Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Firma Wilhelm  Scheel. Chemische Fabrik Rostock aus dem Jahr 1957 stellte freundlicher Weise  Werner Moennich aus Hamburg zur Verfügung. Der Text wurde an die neue deutsche  Rechtschreibung angepasst. Autor der Festschrift war Dr.-Ing. Wilhelm-Sibrand  Scheel.
              Dank an Werner Moennich (Ururenkel von Wilhelm Scheel) aus  Hamburg und Christine Kusch (Tochter von Wilhelm-Sibrand Scheel), die diese  Veröffentlichung möglich machten.
            
            (s. a. WILHELM SCHEEL - Mein Lebenslauf)
              Berth Brinkmann                         
              
              
              The 100th anniversary of Wilhelm Scheel, Rostock 
              100 Jahre Wilhelm Scheel, Rostock
              Am 14. September 1957 jährt sich zum hundertsten Male der  Tag, an dem der junge, am 9. Mai 1829 in dem kleinen Städtchen Schwaan -  südlich Rostock - geborene Kaufmann Wilhelm Scheel das Bürger- und  Kaufmannsrecht der Stadt Rostock gegen eine Zahlung von mehreren hundert Talern  erwarb und im Hause Hartestraße - Ecke Grubenstraße einen selbständigen  Großhandel mit Lebensmitteln aller Art begann. Er legte damit den Grundstein                zu einem Unternehmen, das sich unter seinem Namen als "Firma  Wilhelm Scheel" bis heute zu einer angesehenen chemischen Fabrik  entwickelt hat.
              Dieser Zeitpunkt ist ein guter Anlass, eine Rückschau zu  halten, und diese kleine Jubiläumsschrift soll allen Freunden die Entwicklung in  den vergangenen hundert Jahren schildern. Es ist ein kleines Stückchen  Rostocker Kaufmannsgeschichte, das zeigen kann, wie ein gesunder  Unternehmergeist im Bewusstsein seiner gesamtwirtschaftlichen und sozialen  Verantwortung einen Betrieb über einen großen Zeitraum und angepasst an  verschiedene                wirtschaftliche Situationen leitet und zu seinem Teil zu der  Entwicklung in seinem Heimatraum beiträgt. 
              Gute und böse Zeiten, Krieg und Frieden waren dabei  durchzustehen.                Der oberste Grundsatz, den Kunden streng reell zu beraten und  zu bedienen, hat wesentlich dazu beigetragen, alle Schwierigkeiten zu  überwinden und den Betrieb gesund und lebensfähig zu erhalten. 
              Ein kleines Büchlein, in dem der Gründer im Jahre 1905 - 3  Jahre vor seinem Tode - seinen Lebenslauf niedergeschrieben hat, ist in einigen  Exemplaren erhalten geblieben. Es gibt einen kulturhistorisch interessanten  Bericht über die hauptsächlichen Entwicklungsjahre des jungen Unternehmers.  Schon vor dem eigentlichen Gründungsdatum - etwa seit 1851 - hatte Wilhelm  Scheel von Hamburg aus, wo er als kaufmännischer Angestellter arbeitet, einen  kleinen selbstständigen Handel betrieben. Für seinen früheren Rostocker  "Prinzipal" Moritz Rehberg kaufte er Tauben an und versandte sie. Für  Kupferschmiede in Rostock und Schwaan besorgte er Kupferplatten.
              In seinem ersten Geschäftsbuch, das leider den Ereignissen  des letzten Krieges zum Opfer gefallen ist, trug er auf der ersten Seite folgendes  ein:
  "Bei dem Beginn meines kleinen Geschäftes trage ich  zuvor in meine Bücher mit dem Wunsche, dass der Himmel bei regem Eifer  meinerseits demselben Gedeihen schenken möge, das dazu bestimmte Kapital von 30  Talern Preußisch gleich 75 Mark Hamburgisch Kurant ein."
              Dieser so angekündigte Eifer und das Vertrauen, das man dem jungen  Kaufmann entgegenbrachte, ließen dieses Kapital rasch anwachsen, so dass er am  14. September 1857 in der Lage war, die Kosten für den oben erwähnten Erwerb  des Bürger- und Kaufmannsrechtes bezahlen und nach seinen eigenen  Aufzeichnungen ein Anfangskapital von ca. 1000 Talern für seinen Großhandel mit  Lebensmitteln eintragen konnte. Ein Artikel im Rahmen des Geschäftes, der  später für die Entwicklung von entscheidender Bedeutung werden sollte, war zu  diesem Zeitpunkt bereits Wagenfett, das aus Belgien importiert wurde.
              Vom 19. September 1871 datiert eine heute noch erhaltene  Rechnung mit der Unterschrift des Gründers, die mit dem Artikel "Reis"  die Art des Geschäftes charakterisiert. Sie ist nebenstehend wiedergegeben. Ein markantes Datum für den jungen Betrieb wurde der 11. August  1868, als auch Mecklenburg in den deutschen Zoll verein eintrat. Eine  Nachverzollung aller Waren wurde angeordnet, die trotz aller Milderungsmaßnahmen                durch den mecklenburgischen Großherzog auf Intervention des  von Josephi, Pelzer, Scheel, Siemerling, Witte u. a, gegründeten Allgemeinen  Mecklenburgischen Handelsvereins zu                großen Einbußen führte. Entschlossen stellte daraufhin  Wilhelm Scheel sein ganzes Geschäft um. Sein bedeutender Artikel Wagenfett wurde  nicht mehr aus Brüssel bezogen, weil er aus                Fabriken innerhalb des Zollvereins steuerfrei und damit vorteilhafter  erhältlich war. Die Rohstoffe für die Herstellung eines guten Wagenfettes, in  erster Linie Kolophonium (Harz),                konnten auf dem billigen Wasserwege und überdies zollfrei  aus Amerika, Spanien, Frankreich u. a. eingeführt werden. Diese Gründe veranlassten  Wilhelm Scheel im Jahre 1870, im Laufe                von 6 Monaten eine Fabrik für die Herstellung von Wagenfett auf  dem Gelände beim Weißen Kreuz an der Neubrandenburger Straße zu bauen, wo sich  die Produktionsanlagen noch heute                befinden.
              Bei dem Aufbau dieser Anlagen leistete die in Wörmlitz bei Halle/Saale  ansässige Firma Huth & Richter uneigennützig und freundschaftlich beratende  Hilfe. Dies führte zu engsten Verbindungen zwischen den Familien Huth und  Scheel über Generationen hinweg, die bis zum heutigen Tage noch bestehen.
              Als aber die ersten Mengen an Wagenfett in der neuen Fabrik  hergestellt werden konnten, stellte es sich heraus, dass ganz Mecklenburg mit  großen Vorräten hieran auf lange Zeit hinaus versorgt war. Hiergegen konnte  sich nur der Grundsatz,  streng reell zu  sein und nur eine reine, unverfälschte und höchstwertige Ware zu liefern,  durchsetzen. Gegenüber den Konkurrenzfabrikaten, die mit Gips oder Schwerspat  bis zu 50% verschnitten waren, um höhere Gewinne zu erzielen, brachte die Firma  Wilhelm Scheel ein Wagenfett ohne jeden derartigen Zusatz auf den Markt. Wilhelm  Scheel besuchte selber zunächst mit der Eisenbahn, später mit eigenem Fuhrwerk zäh  und beharrlich alle in Frage kommenden Verbraucher und                belehrte sie über die Qualitätsunterschiede. Die  Schwimmfähigkeit der unverschnittenen Ware auf Wasser war ein deutliches Kennzeichen  zur Unterscheidung. Hierdurch konnte er sich das Vertrauen der Kundschaft  erwerben und sich einen treuen Abnehmerkreis sichern. Auf seine Erfolge hierbei  konnte er an seinem Lebensabend mit berechtigtem Stolz zurückblicken. Es hat in  dieser Zeit natürlich auch nicht an Rückschlägen gefehlt. 1870, 1872 und 1876  entstanden Brände, die Teile der gesamten Anlage zerstörten. Sie haben aber  dazu geführt, dass man durch Anlage der Fabrikationsgebäude mit feuersicheren Unterteilungen  dieser Gefahr begegnete, und daher keine wesentlichen Schäden in Zukunft mehr  eintraten. Nach und nach verlagerte Wilhelm Scheel seine Geschäfte immer mehr  auf diesen Artikel, den er unter der Bezeichnung "Allerbestes  Wagenfett" handelte und mit dem er auf einer Reihe von Ausstellungen anerkennende  Medaillen erringen konnte. Weil er erkannte, dass eine Spezialisierung  zweckmäßig war, verringerte er den Handel mit Lebensmitteln und nahm technische  Schmiermittel in das Verkaufsprogramm des Betriebes auf. Diese wurden seit                ungefähr 1890 von der Hamburger Firma Mineralölwerke  Albrecht & Co., die bevorzugt Roherdöle aus den Revieren von Baku  verarbeitete, bezogen. Auch hier haben sich über Generationen hinweg gute und  freundschaftliche Beziehungen entwickelt. Diese Geschäftsbeziehungen haben sich  zeitweise so eng gestaltet, dass verschiedentlich der Verdacht geäußert wurde, dass  Wilhelm Scheel eine Art Tochtergesellschaft der Hamburger
                Firma sei. Dies entsprach aber keineswegs den Tatsachen,  sondern war nur ein deutlicher Ausdruck des gegenseitigen Vertrauensverhältnisses.
              Als Abschluss seines Lebensberichtes übermittelte Wilhelm  Scheel seinen Nachfolgern seine Haupt-Grundsätze, die auch in dieser kleinen  Schrift mit angeführt werden sollen:
              
                 1. Sein Wahlspruch:
                     "Den Menschen macht sein Wille groß und klein."
                2. Sein Prinzip, nichts aufzuschieben:
                     "Tue, was Du tun willst, gleich, damit Du immer Zeit  hast    und nicht zu den Leuten gehörst, die nie Zeit haben,    aber sehr wenig tun  und beschaffen."
              
              Seit 1885 ist ihm der älteste seiner 5 Söhne, Wilhelm Sibrand  Scheel, zunächst als Angestellter, später als Mitinhaber tatkräftig zur Seite  getreten. Er entlastete ihn hauptsächlich in der anstrengenden Tätigkeit der  Geschäftsreisen. Am Tage des 50-jährigen Bestehens im Jahre 1907 arbeitete auch  sein Enkel, der heutige Betriebsinhaber, Werner Scheel, bereits 1½ Jahre mit  im Betriebe, so dass an diesem Tage 3 Generationen das Rückgrat des  Unternehmens bildeten.
              Zu diesem Zeitpunkt trug Wilhelm Scheel bereits den  ehrenvollen Titel eines Geheimen Kommerzienrates, der für ihn ein Zeichen des  anerkennenden Vertrauens war, das ihm seine Heimatstadt Rostock  entgegenbrachte. Seine Geburtsstadt Schwaan hatte ihm das Ehrenbürgerrecht  verliehen. Er konnte mit Recht In seinem Lebensbericht schreiben, dass seine  treue Kundschaft sein Stolz und die sichere Stütze seiner Firma ist, und dass  er in seinem Geschäft "die Braut seines Alters" sieht. Er hinterließ  seinen Nachfolgern bei seinem Tode im Jahre 1908 ein solides Unternehmen. das  stark genug war, um auch noch weitere fünfzig Jahre zu überdauern. Von diesem  Zeitpunkt an war dann sein Sohn Wilhelm Sibrand Scheel Alleininhaber der Firma  Wilhelm Scheel, die sich unter seiner Führung allmählich völlig von dem Handel  mit Lebensmitteln loslöste und später als "Wilhelm Scheel. Technische Öle  und Fette" firmierte, wenn auch erst im Jahre 1919 die letzten  Lebensmittelartikel aus dem Verkaufsprogramm verschwanden.
              Das traditionelle Firmenschild über der Einfahrt zum  Fabrikgelände an der Neubrandenburger Straße "Wagenfett-, Maschinenöl-,  Farben-Fabrik von Wilhelm Scheel“ war mit seiner halben Versform ein kleines  Wahrzeichen an der Einfahrtsstraße nach Rostock.
              W. S. Scheel führte auf der soliden Grundlage den Betrieb  durch die folgenden Jahre, die mit dem Kriege 1914/18 eine schwere Belastungsprobe  brachten. Auch er erhielt durch das allseitige Vertrauen den Ehrentitel eines  Kommerzienrates.
              Der jetzige Inhaber, Werner Scheel, der im vergangenen Jahre  auf seine 50-jährige Tätigkeit im Betrieb zurückblicken konnte, stand ihm seit  1906 als Angestellter, seit 1919 als Mitinhaber tatkräftig zur Seite und  übernahm in erster Linie den größten Teil der umfangreichen Geschäftsreisen,  deren Abwicklung zunächst nach dem Kriege mit dem Motorrad, später mit  Kraftwagen beschleunigt werden konnte.
              Als Kommerzienrat W. S. Scheel im April 1926 für immer die  Augen schloss, übernahm Werner Scheel den Betrieb als Alleininhaber. Die  schweren Jahre der Inflation und die Wirtschaftskrise um 1930 stellten ihn vor  keine leichten Aufgaben. Vor allem das Umschuldungsverfahren der sogenannten  Osthilfe brachte dem Unternehmen                schwere finanzielle Einbußen, weil die großen Güter einen  beträchtlichen Teil des Kundenkreises ausmachten. Sie waren nur bei strengster  Sparsamkeit in der Betriebsführung zu überwinden.
              Der jetzige Inhaber war auch der erste, der neben der rein  kaufmännischen Tätigkeit begann, sich mit den chemischen Grundlagen der  Fabrikationsvorgänge zu befassen und Lehrgänge bei anerkannten Fachleuten auf  diesem Gebiete in Berlin besuchte. Eine Gegenüberstellung                der Laboratorien im Jahre 1920 und heute nebenstehend.
              Die Haupthandelsartikel waren in diesen Jahren technische  Öle, Schmierfette und sogenannten Harzölfarben. Letztere, sowie Wagenfett und Maschinenfett  waren Eigenerzeugnisse des Betriebes, während Schmieröle aller Art und andere  technische Schmiermittel im Großhandel vertrieben wurden. Die Fabrik lag, wie  noch heute, an der Neubrandenburger Straße beim Weißen Kreuz. Das Hauptlager, Kontor  und Expedition waren in dem Hause Große Mönchenstraße 29, einem unter Denkmalsschutz  stehenden, architektonisch interessanten Gebäude (Bild nebenstehend). Die  Hauptumsatzgebiete umfassten das ganze Land Mecklenburg, Vorpommern mit der  Insel Rügen und die nördlichen Teile der Provinz Brandenburg.
              Als 1932 das 75-jährige Bestehen im Kreise der Freunde  festlich begangen wurde, stand bereits der älteste Sohn des Inhabers in der Lehre  als Kaufmann im Mineralöl-Großhandel bei angesehenen Firmen in Flensburg und  Hamburg. Der junge Wilhelm-Sibrand ging anschließend zur Vervollständigung  seiner fachlichen Ausbildung auf die Technische Hochschule. Er studierte in  München, Braunschweig und Stuttgart und legte an der letztgenannten Hochschule das  Examen als Diplom-Ingenieur ab. Mit Hilfe eines Studienurlaubs während des  Krieges 1939-45 promovierte er 1941 zum Doktor-Ingenieur der Fachrichtung  Chemie.
              Im Kriege 1939-45 entstanden dem Betrieb schwerste Schäden.  Die schweren Luftangriffe, die im April 1942 in mehreren Nächten große Teile  der Stadt Rostock in Trümmer legten, vernichteten auch den gesamten Komplex in  der Großen Mönchenstraße. Er wurde zwar weder von Spreng- noch von Brandbomben  getroffen, aber doch von dem Feuersturm der großen Flächenbrände mit erfasst  und zerstört. Viele wertvolle, kaufmännisch und kulturhistorisch interessante  Dokumente gingen dabei verloren. Unter anderem befanden sich darunter die  ersten Geschäftsbücher des Gründers. Mit zäher Tatkraft wurden trotz aller  kriegsbedingten Schwierigkeiten die Schäden überwunden. Der ganze Betrieb wurde  auf dem                Gelände an der Neubrandenburger Straße konzentriert. Es  gelang sogar, dort ein neues Wohn- und Bürohaus im Jahre 1943 zu errichten und  zu beziehen. Aber auch hier richtete ein Bombenangriff im Februar 1944 wieder  schwere Schäden an. Das Hauptproduktionsgebäude                für Wagenfett, das gleichzeitig auch Expeditionsgebäude war,  ging dabei mit dem Werkmeisterhaus in Flammen auf. Das neue, gerade eben fertig  gestellte Wohnhaus und verschiedene Gebäude des Fabrikkomplexes wurden in  Mitleidenschaft gezogen.
              Die Schäden wurden notdürftig ausgebessert und anstelle des Werkmeisterhauses  ein Behelfsheim errichtet, das heute als Aufenthalts- und Umkleidegebäude für  die Belegschaft dient.
              In den letzten Tagen der Kriegshandlungen am 1. Mai 1945  trat dann noch einmal beträchtlicher Schaden durch einen in Brand geschossenen und  explodierenden Munitionszug auf. Die Zeit nach 1945 war ein äußerst schwerer Wiederaufbau.  Es fehlte an allem, die                wichtigsten Rohstoffe waren nicht oder nur in schlechter  Qualität zu beschaffen. Der Kundenkreis, der zu einem großen Teil die Verwaltungen  und Besitzer der großen Güter umfasst hatte, wurde durch die Bodenreform  radikal umgewandelt. Trotzdem blieb der                Betrieb aber auch weiter eng mit der Landwirtschaft  verbunden, wodurch in jedem Jahre die Wintermonate etwas ruhiger sind und für Instandsetzungen  und betriebliche Verbesserungen genützt werden können. Die Umgestaltung der  gesamten wirtschaftlichen Struktur auf dem Gebiete der sowjetischen  Besatzungszone und später  der Deutschen Demokratischen Republik verlagerte das Schwergewicht der  betrieblichen Tätigkeit mehr und mehr von                Der Großhandelstätigkeit auf. die Herstellung von  technischen Schmierfetten. Hier fand Dr.-Ing. Wilhelm-Sibrand Scheel, der im Dezember  1947 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte und die Funktion eines  technischen Betriebsleiters übernahm, ein reiches Betätigungsfeld. Eine  Spezial-Ausbildung während des Krieges als Mineralöl-Chemiker an der  Technischen Hochschule München bei Professor A. W. Schmidt und seinem damaligen                ersten Assistenten. dem heutigen Professor Dr.-Ing. G. Spengler, und eine anschließende Tätigkeil im Ingenieur-Korps der Luftwaffe hatte  auf diesem Fachgebiet seine Chemiker-Ausbildung wertvoll ergänzt. Er versieht  heute neben seiner betrieblichen Tätigkeit zwei                Lehraufträge an der schiffbautechnischen und wirtschaftswissenschaftlichen  Fakultät der Rostocker Universität.
              Nach Überwindung der wesentlichsten Rohstoffschwierigkeiten konnte  die Produktion der drei Hauptartikel – Wagenfett, Spezial-Maschinenfett und  Abschmierfett rot - so verbessert werden, dass sie Spitzenqualitäten  darstellen. Untersuchungen auf verschiedenen
                Prüfmaschinen haben diese Qualitätsfeststellung  unterstrichen.
              Daneben sind eine Reihe von Neuentwicklungen in das  Produktionsprogramm aufgenommen worden. Hier sind in erster Linie die Vakuum-Dichtungsmittel  "Ramsayfett" und der Kitt “Picein“ zu nennen. Dazu kommt als äther-  und benzinfestes Dichtungsfett die "Schliffschmiere D". Diese Artikel  haben die Deutsche Demokratische Republik in beträchtlichem Umfange von  Einfuhren unabhängig gemacht und das Umsatzgebiet der Firma über die früher  umrissenen Grenzen hinaus auf das gesamte Gebiet der DDR ausgedehnt. Zu                den Abnehmern zählen der größte Teil der pharmazeutischen  Betriebe, sowie die Glas- und Röhrenindustrie und zahlreiche  Forschungslaboratorien.
              Darüber hinaus sind diese Erzeugnisse der Firma Wilhelm  Scheel seit 1949 interessante Exportartikel geworden, die zu bisher nicht vorhanden  gewesenen Verbindungen mit den Ländern Albanien, Bulgarien, China, CSR,  Jugoslawien, Polen, Rumänien, UdSSR und                Ungarn geführt haben.
              Als im Rahmen der Entwicklung der Werftindustrie an der mecklenburgischen  Ostseeküste 1949 die ersten Stapelläufe durchgeführt werden mussten, ergab sich  die Schwierigkeit, dass eine traditionelle Schmierseife für die Präparierung  der Gleitbahnen nicht zu beschaffen war. Es wurde dazu im Betriebe in  Zusammenarbeit mit der Neptun-Werft Rostock eine Stapellaufschmiere entwickelt,  die sich seither bei allen Stapelläufen sehr gut bewährt hat. Sämtliche auf dem  Gebiete der Deutschen Demokratischen Republik abgewickelten                Stapelläufe erfolgen nach diesem Verfahren, das inzwischen zum  Patent angemeldet wurde, nachdem ausreichendes Erfahrungsmaterial vorliegt. Der  besondere Vorteil ist, dass auf diese                Weise eine hinreichend genaue Berechnung der  Gleitgeschwindigkeiten des Schiffskörpers möglich ist und dass die errechneten Werte  durch die tatsächlichen Messungen voll bestätigt werden konnten.
              Für den Korrosionsschutz und die Konservierung der  Kurrleinen in der Schleppnetzfischerei wurde hier ein Drahtseiltränkungsmittel entwickelt,  dass in einem Arbeitsgang den Metall- und den Textilfaserteil schützt. Auf  Fangreisen in die Barentssee mit einer außerordentlich großen Beanspruchung der  Seile konnte festgestellt werden, dass die Lebensdauer der kostbaren Kurrleinen  um ein vielfaches verlängert worden ist. Es hat sich inzwischen auch für die Präparierung  und Konservierung aller Arten von Draht-, Hanf- oder gemischten Seilen gut  eingeführt. 
              Wesentlich verbessert werden konnte das für die  Landwirtschaft wichtige Melkfett "SCHERO". Es wurde in seiner keimtötenden  Wirkung und seinen sonstigen Gebrauchswerten durch das Milchwirtschaftliche  Institut in Dresden eingehend im Vergleich zu anderen gleichartigen Präparaten  aus der DDR und der Bundesrepublik untersucht. Es hat sich dabei den besten  Vergleichserzeugnissen als gleichwertig und den meisten als überlegen gezeigt.
              Die Entwicklung nach 1945 hat den Betrieb inzwischen fast  völlig zu einer vielseitigen chemischen Fabrik umgestaltet. Immer wieder wenden  sich zahlreiche große Industriebetriebe und Forschungsstellen an die Firma  Wilhelm Scheel in Rostock. Die Beratung in Fachfragen                und unter Umständen auch weitere Neuentwicklungen von Spezialpräparaten  für die unterschiedlichsten Verwendungszwecke hat bereits einen recht  beachtlichen Umfang angenommen. So hat es seine volle Berechtigung, wenn der  Betrieb heute als "Wilhelm                Scheel, Chemische Fabrik" firmiert. Dieser Rückblick kann nicht abgeschlossen werden, ohne einer  Reihe von treuen langjährigen Mitarbeitern zu gedenken. 
              Wilhelm Sachse trat im Jahre 1870 in die Firma als Lehrling ein  und hielt ihr als Angestellter und später als Prokurist die Treue, bis er 1926  in den wohlverdienten Ruhestand trat.
              Werkmeister Gehrhahn hat von Anfang an die Fabrikation in  der Fabrik am Weißen Kreuz betreut, bis er wegen seines hohen Alters im Jahre  1912 ausscheiden musste.
              Sein Nachfolger als Werkmeister wurde im November 1912 Heinrich  Luckmann, der bereits seit dem 2.1.1894 dem Betrieb angehörte. Er versah dies  Amt bis 1.1.1934.
              Der neue Werkmeister August Schröder war bereits seit 1919  im Betriebe tätig, bevor er als Nachfolger von Luckmann den Betrieb am Weißen  Kreuz übernahm und bis zu seinem Tode im Jahre 1947 als Werkmeister vorstand.
              Auch E. A. Bartel war lange Jahre Mitarbeiter der Firma. Er  trat kurz vor 1914 als Lehrling ein, war dann Angestellter und später  Prokurist. Er schied wegen Einberufung zur Wehrmacht                während des Krieges 1939-45 aus und ist aus ihm nicht zurückgekehrt.
              Auch der jetzige Werkmeister Walter Schippmann, der dieses  Amt im Jahre 1954 übernahm, ist bereits seit 1938 im Betriebe tätig. Sein  Vorgänger Hermann Ruwoldt schied auf eigenen Wunsch nach 27-jähriger  Zugehörigkeit zur Firma aus.
              So hat sich die Firma Wilhelm Scheel. Chemische Fabrik, in Rostock,  gestützt auf den gesunden und verantwortungsbewussten Unternehmergeist seines  Inhabers und die treue Mitarbeiterschaft in der neuen Volkswirtschaft in der  Deutschen Demokratischen                Republik einen geachteten und anerkannten Platz erworben und  einen nicht ganz unwichtigen Beitrag zu dem gesamten Wiederaufbau nach 1945  geleistet.
              Das vom Gründer aufgestellte Grundprinzip, den Kunden streng  reell zu bedienen und nach bestem Wissen unter Zurückstellung der rein  kommerziellen Interessen zu beraten, ist auch heute uneingeschränkt Richtlinie  und hat zu dem Vertrauen geführt, das der Firma Wilhelm Scheel von allen Seiten  entgegengebracht wird.
              Dies erfüllt den Unternehmer und alle Mitarbeiter mit  berechtigtem Stolz, ist aber auch am Tage des hundertjährigen Bestehens eine weitere  Verpflichtung, sich dieses Vertrauens würdig zu erweisen und sich weiter zu  bemühen, den bisherigen Beitrag zur Gesamtwirtschaft                weiter zu leisten und nach Möglichkeit noch zu vergrößern.
              Bericht  über die Feier zum 100-jährigen Jubiläum der Firma Wilhelm Scheel Chemische  Fabrik Rostock  von Karla Scheel