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zum Vergrößern klickenPlan von 1911
bitte klicken Anstrich-Muster der Farben-Fabrik Wilhelm Scheel Rostock ca. 1881
bitte klickenRechnungsformular der Fabrik Wilhelm Scheel um 1880 (Archiv Jörg Deinert)
zum Vergrößern klickenLageplan des Grundstücks am Robert-Beltz-Weg 1942
zum Vergrößern klickenLageplan des Grundstücks mit neuem Wohnhaus 1942
zum Vergrößern klickenVom Architekt Butzek geplantes kombiniertes Büro- und Lagergebäude 1943
 
Diese Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Firma Wilhelm Scheel. Chemische Fabrik Rostock aus dem Jahr 1957 stellte freundlicher Weise Werner Moennich aus Hamburg zur Verfügung. Der Text wurde an die neue deutsche Rechtschreibung angepasst. Autor der Festschrift war Dr.-Ing. Wilhelm-Sibrand Scheel.
Dank an Werner Moennich (Ururenkel von Wilhelm Scheel) aus Hamburg und Christine Kusch (Tochter von Wilhelm-Sibrand Scheel), die diese Veröffentlichung möglich machten. (s. a. WILHELM SCHEEL - Mein Lebenslauf)

Berth Brinkmann

The 100th anniversary of Wilhelm Scheel, Rostock

100 Jahre Wilhelm Scheel, Rostock

Am 14. September 1957 jährt sich zum hundertsten Male der Tag, an dem der junge, am 9. Mai 1829 in dem kleinen Städtchen Schwaan - südlich Rostock - geborene Kaufmann Wilhelm Scheel das Bürger- und Kaufmannsrecht der Stadt Rostock gegen eine Zahlung von mehreren hundert Talern erwarb und im Hause Hartestraße - Ecke Grubenstraße einen selbständigen Großhandel mit Lebensmitteln aller Art begann. Er legte damit den Grundstein zu einem Unternehmen, das sich unter seinem Namen als "Firma Wilhelm Scheel" bis heute zu einer angesehenen chemischen Fabrik entwickelt hat.

Dieser Zeitpunkt ist ein guter Anlass, eine Rückschau zu halten, und diese kleine Jubiläumsschrift soll allen Freunden die Entwicklung in den vergangenen hundert Jahren schildern. Es ist ein kleines Stückchen Rostocker Kaufmannsgeschichte, das zeigen kann, wie ein gesunder Unternehmergeist im Bewusstsein seiner gesamtwirtschaftlichen und sozialen Verantwortung einen Betrieb über einen großen Zeitraum und angepasst an verschiedene wirtschaftliche Situationen leitet und zu seinem Teil zu der Entwicklung in seinem Heimatraum beiträgt.

Gute und böse Zeiten, Krieg und Frieden waren dabei durchzustehen. Der oberste Grundsatz, den Kunden streng reell zu beraten und zu bedienen, hat wesentlich dazu beigetragen, alle Schwierigkeiten zu überwinden und den Betrieb gesund und lebensfähig zu erhalten.

Ein kleines Büchlein, in dem der Gründer im Jahre 1905 - 3 Jahre vor seinem Tode - seinen Lebenslauf niedergeschrieben hat, ist in einigen Exemplaren erhalten geblieben. Es gibt einen kulturhistorisch interessanten Bericht über die hauptsächlichen Entwicklungsjahre des jungen Unternehmers. Schon vor dem eigentlichen Gründungsdatum - etwa seit 1851 - hatte Wilhelm Scheel von Hamburg aus, wo er als kaufmännischer Angestellter arbeitet, einen kleinen selbstständigen Handel betrieben. Für seinen früheren Rostocker "Prinzipal" Moritz Rehberg kaufte er Tauben an und versandte sie. Für Kupferschmiede in Rostock und Schwaan besorgte er Kupferplatten.

In seinem ersten Geschäftsbuch, das leider den Ereignissen des letzten Krieges zum Opfer gefallen ist, trug er auf der ersten Seite folgendes ein:
"Bei dem Beginn meines kleinen Geschäftes trage ich zuvor in meine Bücher mit dem Wunsche, dass der Himmel bei regem Eifer meinerseits demselben Gedeihen schenken möge, das dazu bestimmte Kapital von 30 Talern Preußisch gleich 75 Mark Hamburgisch Kurant ein."

Dieser so angekündigte Eifer und das Vertrauen, das man dem jungen Kaufmann entgegenbrachte, ließen dieses Kapital rasch anwachsen, so dass er am 14. September 1857 in der Lage war, die Kosten für den oben erwähnten Erwerb des Bürger- und Kaufmannsrechtes bezahlen und nach seinen eigenen Aufzeichnungen ein Anfangskapital von ca. 1000 Talern für seinen Großhandel mit Lebensmitteln eintragen konnte. Ein Artikel im Rahmen des Geschäftes, der später für die Entwicklung von entscheidender Bedeutung werden sollte, war zu diesem Zeitpunkt bereits Wagenfett, das aus Belgien importiert wurde.

Vom 19. September 1871 datiert eine heute noch erhaltene Rechnung mit der Unterschrift des Gründers, die mit dem Artikel "Reis" die Art des Geschäftes charakterisiert. Sie ist nebenstehend wiedergegeben. Ein markantes Datum für den jungen Betrieb wurde der 11. August 1868, als auch Mecklenburg in den deutschen Zoll verein eintrat. Eine Nachverzollung aller Waren wurde angeordnet, die trotz aller Milderungsmaßnahmen durch den mecklenburgischen Großherzog auf Intervention des von Josephi, Pelzer, Scheel, Siemerling, Witte u. a, gegründeten Allgemeinen Mecklenburgischen Handelsvereins zu großen Einbußen führte. Entschlossen stellte daraufhin Wilhelm Scheel sein ganzes Geschäft um. Sein bedeutender Artikel Wagenfett wurde nicht mehr aus Brüssel bezogen, weil er aus Fabriken innerhalb des Zollvereins steuerfrei und damit vorteilhafter erhältlich war. Die Rohstoffe für die Herstellung eines guten Wagenfettes, in erster Linie Kolophonium (Harz), konnten auf dem billigen Wasserwege und überdies zollfrei aus Amerika, Spanien, Frankreich u. a. eingeführt werden. Diese Gründe veranlassten Wilhelm Scheel im Jahre 1870, im Laufe von 6 Monaten eine Fabrik für die Herstellung von Wagenfett auf dem Gelände beim Weißen Kreuz an der Neubrandenburger Straße zu bauen, wo sich die Produktionsanlagen noch heute befinden.

Bei dem Aufbau dieser Anlagen leistete die in Wörmlitz bei Halle/Saale ansässige Firma Huth & Richter uneigennützig und freundschaftlich beratende Hilfe. Dies führte zu engsten Verbindungen zwischen den Familien Huth und Scheel über Generationen hinweg, die bis zum heutigen Tage noch bestehen.

Als aber die ersten Mengen an Wagenfett in der neuen Fabrik hergestellt werden konnten, stellte es sich heraus, dass ganz Mecklenburg mit großen Vorräten hieran auf lange Zeit hinaus versorgt war. Hiergegen konnte sich nur der Grundsatz,  streng reell zu sein und nur eine reine, unverfälschte und höchstwertige Ware zu liefern, durchsetzen. Gegenüber den Konkurrenzfabrikaten, die mit Gips oder Schwerspat bis zu 50% verschnitten waren, um höhere Gewinne zu erzielen, brachte die Firma Wilhelm Scheel ein Wagenfett ohne jeden derartigen Zusatz auf den Markt. Wilhelm Scheel besuchte selber zunächst mit der Eisenbahn, später mit eigenem Fuhrwerk zäh und beharrlich alle in Frage kommenden Verbraucher und belehrte sie über die Qualitätsunterschiede. Die Schwimmfähigkeit der unverschnittenen Ware auf Wasser war ein deutliches Kennzeichen zur Unterscheidung. Hierdurch konnte er sich das Vertrauen der Kundschaft erwerben und sich einen treuen Abnehmerkreis sichern. Auf seine Erfolge hierbei konnte er an seinem Lebensabend mit berechtigtem Stolz zurückblicken. Es hat in dieser Zeit natürlich auch nicht an Rückschlägen gefehlt. 1870, 1872 und 1876 entstanden Brände, die Teile der gesamten Anlage zerstörten. Sie haben aber dazu geführt, dass man durch Anlage der Fabrikationsgebäude mit feuersicheren Unterteilungen dieser Gefahr begegnete, und daher keine wesentlichen Schäden in Zukunft mehr eintraten. Nach und nach verlagerte Wilhelm Scheel seine Geschäfte immer mehr auf diesen Artikel, den er unter der Bezeichnung "Allerbestes Wagenfett" handelte und mit dem er auf einer Reihe von Ausstellungen anerkennende Medaillen erringen konnte. Weil er erkannte, dass eine Spezialisierung zweckmäßig war, verringerte er den Handel mit Lebensmitteln und nahm technische Schmiermittel in das Verkaufsprogramm des Betriebes auf. Diese wurden seit ungefähr 1890 von der Hamburger Firma Mineralölwerke Albrecht & Co., die bevorzugt Roherdöle aus den Revieren von Baku verarbeitete, bezogen. Auch hier haben sich über Generationen hinweg gute und freundschaftliche Beziehungen entwickelt. Diese Geschäftsbeziehungen haben sich zeitweise so eng gestaltet, dass verschiedentlich der Verdacht geäußert wurde, dass Wilhelm Scheel eine Art Tochtergesellschaft der Hamburger
Firma sei. Dies entsprach aber keineswegs den Tatsachen, sondern war nur ein deutlicher Ausdruck des gegenseitigen Vertrauensverhältnisses.

Als Abschluss seines Lebensberichtes übermittelte Wilhelm Scheel seinen Nachfolgern seine Haupt-Grundsätze, die auch in dieser kleinen Schrift mit angeführt werden sollen:

1. Sein Wahlspruch:
   "Den Menschen macht sein Wille groß und klein."

2. Sein Prinzip, nichts aufzuschieben:
   "Tue, was Du tun willst, gleich, damit Du immer Zeit hast    und nicht zu den Leuten gehörst, die nie Zeit haben,    aber sehr wenig tun und beschaffen."

Seit 1885 ist ihm der älteste seiner 5 Söhne, Wilhelm Sibrand Scheel, zunächst als Angestellter, später als Mitinhaber tatkräftig zur Seite getreten. Er entlastete ihn hauptsächlich in der anstrengenden Tätigkeit der Geschäftsreisen. Am Tage des 50-jährigen Bestehens im Jahre 1907 arbeitete auch sein Enkel, der heutige Betriebsinhaber, Werner Scheel, bereits 1½ Jahre mit im Betriebe, so dass an diesem Tage 3 Generationen das Rückgrat des Unternehmens bildeten.

Zu diesem Zeitpunkt trug Wilhelm Scheel bereits den ehrenvollen Titel eines Geheimen Kommerzienrates, der für ihn ein Zeichen des anerkennenden Vertrauens war, das ihm seine Heimatstadt Rostock entgegenbrachte. Seine Geburtsstadt Schwaan hatte ihm das Ehrenbürgerrecht verliehen. Er konnte mit Recht In seinem Lebensbericht schreiben, dass seine treue Kundschaft sein Stolz und die sichere Stütze seiner Firma ist, und dass er in seinem Geschäft "die Braut seines Alters" sieht. Er hinterließ seinen Nachfolgern bei seinem Tode im Jahre 1908 ein solides Unternehmen. das stark genug war, um auch noch weitere fünfzig Jahre zu überdauern. Von diesem Zeitpunkt an war dann sein Sohn Wilhelm Sibrand Scheel Alleininhaber der Firma Wilhelm Scheel, die sich unter seiner Führung allmählich völlig von dem Handel mit Lebensmitteln loslöste und später als "Wilhelm Scheel. Technische Öle und Fette" firmierte, wenn auch erst im Jahre 1919 die letzten Lebensmittelartikel aus dem Verkaufsprogramm verschwanden.

Das traditionelle Firmenschild über der Einfahrt zum Fabrikgelände an der Neubrandenburger Straße "Wagenfett-, Maschinenöl-, Farben-Fabrik von Wilhelm Scheel“ war mit seiner halben Versform ein kleines Wahrzeichen an der Einfahrtsstraße nach Rostock.

W. S. Scheel führte auf der soliden Grundlage den Betrieb durch die folgenden Jahre, die mit dem Kriege 1914/18 eine schwere Belastungsprobe brachten. Auch er erhielt durch das allseitige Vertrauen den Ehrentitel eines Kommerzienrates.

Der jetzige Inhaber, Werner Scheel, der im vergangenen Jahre auf seine 50-jährige Tätigkeit im Betrieb zurückblicken konnte, stand ihm seit 1906 als Angestellter, seit 1919 als Mitinhaber tatkräftig zur Seite und übernahm in erster Linie den größten Teil der umfangreichen Geschäftsreisen, deren Abwicklung zunächst nach dem Kriege mit dem Motorrad, später mit Kraftwagen beschleunigt werden konnte.

Als Kommerzienrat W. S. Scheel im April 1926 für immer die Augen schloss, übernahm Werner Scheel den Betrieb als Alleininhaber. Die schweren Jahre der Inflation und die Wirtschaftskrise um 1930 stellten ihn vor keine leichten Aufgaben. Vor allem das Umschuldungsverfahren der sogenannten Osthilfe brachte dem Unternehmen schwere finanzielle Einbußen, weil die großen Güter einen beträchtlichen Teil des Kundenkreises ausmachten. Sie waren nur bei strengster Sparsamkeit in der Betriebsführung zu überwinden.

Der jetzige Inhaber war auch der erste, der neben der rein kaufmännischen Tätigkeit begann, sich mit den chemischen Grundlagen der Fabrikationsvorgänge zu befassen und Lehrgänge bei anerkannten Fachleuten auf diesem Gebiete in Berlin besuchte. Eine Gegenüberstellung der Laboratorien im Jahre 1920 und heute nebenstehend.

Die Haupthandelsartikel waren in diesen Jahren technische Öle, Schmierfette und sogenannten Harzölfarben. Letztere, sowie Wagenfett und Maschinenfett waren Eigenerzeugnisse des Betriebes, während Schmieröle aller Art und andere technische Schmiermittel im Großhandel vertrieben wurden. Die Fabrik lag, wie noch heute, an der Neubrandenburger Straße beim Weißen Kreuz. Das Hauptlager, Kontor und Expedition waren in dem Hause Große Mönchenstraße 29, einem unter Denkmalsschutz stehenden, architektonisch interessanten Gebäude (Bild nebenstehend). Die Hauptumsatzgebiete umfassten das ganze Land Mecklenburg, Vorpommern mit der Insel Rügen und die nördlichen Teile der Provinz Brandenburg.

Als 1932 das 75-jährige Bestehen im Kreise der Freunde festlich begangen wurde, stand bereits der älteste Sohn des Inhabers in der Lehre als Kaufmann im Mineralöl-Großhandel bei angesehenen Firmen in Flensburg und Hamburg. Der junge Wilhelm-Sibrand ging anschließend zur Vervollständigung seiner fachlichen Ausbildung auf die Technische Hochschule. Er studierte in München, Braunschweig und Stuttgart und legte an der letztgenannten Hochschule das Examen als Diplom-Ingenieur ab. Mit Hilfe eines Studienurlaubs während des Krieges 1939-45 promovierte er 1941 zum Doktor-Ingenieur der Fachrichtung Chemie.

Im Kriege 1939-45 entstanden dem Betrieb schwerste Schäden. Die schweren Luftangriffe, die im April 1942 in mehreren Nächten große Teile der Stadt Rostock in Trümmer legten, vernichteten auch den gesamten Komplex in der Großen Mönchenstraße. Er wurde zwar weder von Spreng- noch von Brandbomben getroffen, aber doch von dem Feuersturm der großen Flächenbrände mit erfasst und zerstört. Viele wertvolle, kaufmännisch und kulturhistorisch interessante Dokumente gingen dabei verloren. Unter anderem befanden sich darunter die ersten Geschäftsbücher des Gründers. Mit zäher Tatkraft wurden trotz aller kriegsbedingten Schwierigkeiten die Schäden überwunden. Der ganze Betrieb wurde auf dem Gelände an der Neubrandenburger Straße konzentriert. Es gelang sogar, dort ein neues Wohn- und Bürohaus im Jahre 1943 zu errichten und zu beziehen. Aber auch hier richtete ein Bombenangriff im Februar 1944 wieder schwere Schäden an. Das Hauptproduktionsgebäude für Wagenfett, das gleichzeitig auch Expeditionsgebäude war, ging dabei mit dem Werkmeisterhaus in Flammen auf. Das neue, gerade eben fertig gestellte Wohnhaus und verschiedene Gebäude des Fabrikkomplexes wurden in Mitleidenschaft gezogen.

Die Schäden wurden notdürftig ausgebessert und anstelle des Werkmeisterhauses ein Behelfsheim errichtet, das heute als Aufenthalts- und Umkleidegebäude für die Belegschaft dient.

In den letzten Tagen der Kriegshandlungen am 1. Mai 1945 trat dann noch einmal beträchtlicher Schaden durch einen in Brand geschossenen und explodierenden Munitionszug auf. Die Zeit nach 1945 war ein äußerst schwerer Wiederaufbau. Es fehlte an allem, die wichtigsten Rohstoffe waren nicht oder nur in schlechter Qualität zu beschaffen. Der Kundenkreis, der zu einem großen Teil die Verwaltungen und Besitzer der großen Güter umfasst hatte, wurde durch die Bodenreform radikal umgewandelt. Trotzdem blieb der Betrieb aber auch weiter eng mit der Landwirtschaft verbunden, wodurch in jedem Jahre die Wintermonate etwas ruhiger sind und für Instandsetzungen und betriebliche Verbesserungen genützt werden können. Die Umgestaltung der gesamten wirtschaftlichen Struktur auf dem Gebiete der sowjetischen Besatzungszone und später der Deutschen Demokratischen Republik verlagerte das Schwergewicht der betrieblichen Tätigkeit mehr und mehr von Der Großhandelstätigkeit auf. die Herstellung von technischen Schmierfetten. Hier fand Dr.-Ing. Wilhelm-Sibrand Scheel, der im Dezember 1947 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte und die Funktion eines technischen Betriebsleiters übernahm, ein reiches Betätigungsfeld. Eine Spezial-Ausbildung während des Krieges als Mineralöl-Chemiker an der Technischen Hochschule München bei Professor A. W. Schmidt und seinem damaligen ersten Assistenten. dem heutigen Professor Dr.-Ing. G. Spengler, und eine anschließende Tätigkeil im Ingenieur-Korps der Luftwaffe hatte auf diesem Fachgebiet seine Chemiker-Ausbildung wertvoll ergänzt. Er versieht heute neben seiner betrieblichen Tätigkeit zwei Lehraufträge an der schiffbautechnischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Rostocker Universität.

Nach Überwindung der wesentlichsten Rohstoffschwierigkeiten konnte die Produktion der drei Hauptartikel – Wagenfett, Spezial-Maschinenfett und Abschmierfett rot - so verbessert werden, dass sie Spitzenqualitäten darstellen. Untersuchungen auf verschiedenen Prüfmaschinen haben diese Qualitätsfeststellung unterstrichen.

Daneben sind eine Reihe von Neuentwicklungen in das Produktionsprogramm aufgenommen worden. Hier sind in erster Linie die Vakuum-Dichtungsmittel "Ramsayfett" und der Kitt “Picein“ zu nennen. Dazu kommt als äther- und benzinfestes Dichtungsfett die "Schliffschmiere D". Diese Artikel haben die Deutsche Demokratische Republik in beträchtlichem Umfange von Einfuhren unabhängig gemacht und das Umsatzgebiet der Firma über die früher umrissenen Grenzen hinaus auf das gesamte Gebiet der DDR ausgedehnt. Zu den Abnehmern zählen der größte Teil der pharmazeutischen Betriebe, sowie die Glas- und Röhrenindustrie und zahlreiche Forschungslaboratorien.

Darüber hinaus sind diese Erzeugnisse der Firma Wilhelm Scheel seit 1949 interessante Exportartikel geworden, die zu bisher nicht vorhanden gewesenen Verbindungen mit den Ländern Albanien, Bulgarien, China, CSR, Jugoslawien, Polen, Rumänien, UdSSR und Ungarn geführt haben.

Als im Rahmen der Entwicklung der Werftindustrie an der mecklenburgischen Ostseeküste 1949 die ersten Stapelläufe durchgeführt werden mussten, ergab sich die Schwierigkeit, dass eine traditionelle Schmierseife für die Präparierung der Gleitbahnen nicht zu beschaffen war. Es wurde dazu im Betriebe in Zusammenarbeit mit der Neptun-Werft Rostock eine Stapellaufschmiere entwickelt, die sich seither bei allen Stapelläufen sehr gut bewährt hat. Sämtliche auf dem Gebiete der Deutschen Demokratischen Republik abgewickelten Stapelläufe erfolgen nach diesem Verfahren, das inzwischen zum Patent angemeldet wurde, nachdem ausreichendes Erfahrungsmaterial vorliegt. Der besondere Vorteil ist, dass auf diese Weise eine hinreichend genaue Berechnung der Gleitgeschwindigkeiten des Schiffskörpers möglich ist und dass die errechneten Werte durch die tatsächlichen Messungen voll bestätigt werden konnten.

Für den Korrosionsschutz und die Konservierung der Kurrleinen in der Schleppnetzfischerei wurde hier ein Drahtseiltränkungsmittel entwickelt, dass in einem Arbeitsgang den Metall- und den Textilfaserteil schützt. Auf Fangreisen in die Barentssee mit einer außerordentlich großen Beanspruchung der Seile konnte festgestellt werden, dass die Lebensdauer der kostbaren Kurrleinen um ein vielfaches verlängert worden ist. Es hat sich inzwischen auch für die Präparierung und Konservierung aller Arten von Draht-, Hanf- oder gemischten Seilen gut eingeführt.

Wesentlich verbessert werden konnte das für die Landwirtschaft wichtige Melkfett "SCHERO". Es wurde in seiner keimtötenden Wirkung und seinen sonstigen Gebrauchswerten durch das Milchwirtschaftliche Institut in Dresden eingehend im Vergleich zu anderen gleichartigen Präparaten aus der DDR und der Bundesrepublik untersucht. Es hat sich dabei den besten Vergleichserzeugnissen als gleichwertig und den meisten als überlegen gezeigt.

Die Entwicklung nach 1945 hat den Betrieb inzwischen fast völlig zu einer vielseitigen chemischen Fabrik umgestaltet. Immer wieder wenden sich zahlreiche große Industriebetriebe und Forschungsstellen an die Firma Wilhelm Scheel in Rostock. Die Beratung in Fachfragen und unter Umständen auch weitere Neuentwicklungen von Spezialpräparaten für die unterschiedlichsten Verwendungszwecke hat bereits einen recht beachtlichen Umfang angenommen. So hat es seine volle Berechtigung, wenn der Betrieb heute als "Wilhelm Scheel, Chemische Fabrik" firmiert. Dieser Rückblick kann nicht abgeschlossen werden, ohne einer Reihe von treuen langjährigen Mitarbeitern zu gedenken.

Wilhelm Sachse trat im Jahre 1870 in die Firma als Lehrling ein und hielt ihr als Angestellter und später als Prokurist die Treue, bis er 1926 in den wohlverdienten Ruhestand trat.

Werkmeister Gehrhahn hat von Anfang an die Fabrikation in der Fabrik am Weißen Kreuz betreut, bis er wegen seines hohen Alters im Jahre 1912 ausscheiden musste.

Sein Nachfolger als Werkmeister wurde im November 1912 Heinrich Luckmann, der bereits seit dem 2.1.1894 dem Betrieb angehörte. Er versah dies Amt bis 1.1.1934.

Der neue Werkmeister August Schröder war bereits seit 1919 im Betriebe tätig, bevor er als Nachfolger von Luckmann den Betrieb am Weißen Kreuz übernahm und bis zu seinem Tode im Jahre 1947 als Werkmeister vorstand.

Auch E. A. Bartel war lange Jahre Mitarbeiter der Firma. Er trat kurz vor 1914 als Lehrling ein, war dann Angestellter und später Prokurist. Er schied wegen Einberufung zur Wehrmacht während des Krieges 1939-45 aus und ist aus ihm nicht zurückgekehrt.

Auch der jetzige Werkmeister Walter Schippmann, der dieses Amt im Jahre 1954 übernahm, ist bereits seit 1938 im Betriebe tätig. Sein Vorgänger Hermann Ruwoldt schied auf eigenen Wunsch nach 27-jähriger Zugehörigkeit zur Firma aus.

So hat sich die Firma Wilhelm Scheel. Chemische Fabrik, in Rostock, gestützt auf den gesunden und verantwortungsbewussten Unternehmergeist seines Inhabers und die treue Mitarbeiterschaft in der neuen Volkswirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik einen geachteten und anerkannten Platz erworben und einen nicht ganz unwichtigen Beitrag zu dem gesamten Wiederaufbau nach 1945 geleistet.

Das vom Gründer aufgestellte Grundprinzip, den Kunden streng reell zu bedienen und nach bestem Wissen unter Zurückstellung der rein kommerziellen Interessen zu beraten, ist auch heute uneingeschränkt Richtlinie und hat zu dem Vertrauen geführt, das der Firma Wilhelm Scheel von allen Seiten entgegengebracht wird.

Dies erfüllt den Unternehmer und alle Mitarbeiter mit berechtigtem Stolz, ist aber auch am Tage des hundertjährigen Bestehens eine weitere Verpflichtung, sich dieses Vertrauens würdig zu erweisen und sich weiter zu bemühen, den bisherigen Beitrag zur Gesamtwirtschaft weiter zu leisten und nach Möglichkeit noch zu vergrößern.

Bericht über die Feier zum 100-jährigen Jubiläum der Firma Wilhelm Scheel Chemische Fabrik Rostock von Karla Scheel

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